Markusine Gutjahr 31.10

Lernen, unsere Kräuter zu schätzen


Markusine Gutjahr gestaltete so einen guten Abend im Schorner-Cafe. Sie ist warmherzig, humorvoll und bereitete alles mit viel Liebe vor: Tinkturen und Liköre, Brotaufstriche und Pflanzen. Ihre Bücher gingen danach weg wie die warmen Semmeln.

Sie ist Pfarrfrau, lebte lange in Göttingen und kehrte dann in ihre Heimat Königstein zurück. Sie spricht oft bei Landfrauentagen und selten vor so einem kleinen Kreis (14 Leute) wie bei uns. Aber ihr gefielen diese Leute. Deshalb verzichtete sie am Schluss auf ihr Honorar.

Markusine Gutjahr empfahl zuerst Zwiebel & Meerrettich gegen Winterkrankheiten: 2 TL scharfen Meerrettich täglich sind gut, oder 1/2 Zwiebel jeden Tag. Oder eine scharfe Zwiebelsuppe: 550 gr Zwiebeln gehackt in Öl dünsten, Mehl und Suppenbrühe dazu, 10 min kochen, einen Schuss Pfeffersoße rein und fertig. "Das ist d a s Mittel."

Dann erzählte sie von der Brennnessel, dem "Urdoktor", die den Menschen liebt und überall dort wächst, wo er ist. Mit Quecken und Giersch lebt sie in Ruderalgemeinschaften (auf Schutt und abseits), und wird dort auch am besten geerntet. Die Brennnessel hat 333 mg Vitamin C (Salat: nur 13), 740 mg Provit.-A (130) und 630 mg Klazium (37) und doppelt so viel Kalium wie der Salat. Ein Brennnessel-Salat ist gut gegen Rheuma und Gicht. Man bricht seine Stacheln, indem man mit dem Nudelholz drüber rollt. Dann hacken, blanchieren, zu einer Suppe geben, im Verein mit Kartoffeln - schon ist es fertig.

Der Brennnessel-Samen schmeckt nach Nüssen. Ihn gewinnt man, indem man die ganze Nessel auf einen Rost legt - über einer Wanne. Und im Heizungskeller trocken werden lässt und dann schüttelt. Das Abgefallene noch einmal sieben. Was oben liegen bleibt, ist gut für Tee. Die Samen unten kann man braten in Öl und Salz, und überall dazufügen. Sie stärken Geist und Körper, machen fit. Die Bauern gaben ihren Pferden früher 14 Tage vor dem Verkauf diese Samen, um eine top Form zu erreichen. Hühner, die den Samen picken, legen gute Eier. Auch Küken gibt man Brennnessel und gehacktes Ei.

25 gr Brennnessel kann man in Weißwein einlegen, Honig dazutun und 10 Tage in der Sonne stehen lassen. Dann 3 Wochen lang immer ein Stamperl trinken pro Tag.

Die Brennnessel verbessert auch die Erde, in der sie wächst.

Der Giersch ist das "Zipperleinskraut", gut für die Niere und gegen Harnsäure. Man nimmt die junge Pflanze. Auch sie kann man in Suppen anrichten, zusammen mit Pfannkuchen-Verschnitt. Man sagt: "Wer viel Giersch isst, kommt überall durch." Denn der Mensch übernimmt von ihr das Survival-Gen.

Bei Salbei sollte man die frischen Blätter kauen (und dann ausspucken): "Es ist eine kleine Roßkur gegen Zahnschmerzen und für einen gesunden Mund." Die Bauern rollten früher die Blätter und nahmen sie als Zahnbürste. Man kann den gekauten Mus auch in den Backen liegenlassen. Dann überzieht sich die Mundhaut mit einem Schutzschleim. Das stärkt das Zahnfleisch und die Zähne halten.

Klein geschnitten, gibt man die Salbeiblätter in Korn oder Wodka und stellt das 6 Wochen in die Sonne. Danach gurgelt man mit einer 1:4-Verdünnung. Bei Zahnweh taucht man ein Wattestäbchen in den Alkoholauszug und betupft die schmerzenden Stellen.

Der Hit ist aber, so M. Gutjahr, einen Weinteig zu machen, ein Salbeiblatt reinzutauchen und es dann - rausgezogen - zu backen. Top Wirkung vor dem Einschlafen. Ähnlich dem Löwenzahnsirup.

Sie beschwor uns auch, den Muskateller-Salbei anzupfanzen, allein wegen seines Dufts. "Ein Muss!" In Säckchen genäht, weckt er Euphorie. Wer schlecht lernt oder eine Prüfung bestehen muss, sollte die Pflanze auch ab und zu berühren. Genauso gut duftet die römische Kamille.

Dann zum wilden Majoran (Oregano; der einfache M. = Dost): Er liebt die Sonne, ergibt ein gutes Gewürz und Tee; sein Dampf öffnet die Nasennebenhöhlen; die Blüten in Öl gelegt sind hilfreich (man nimmt Raps-, Sonnenblumen- oder Olivenöl). Majoranbutter kann man selbst herstellen: In geklärte Butter streut man Majoranpulver, siebt das durch und hat eine gute Nasencreme sowie etwas gegen Blähungen beim Baby (auf den Bauch streichen).

Um die Fusssohlen einzureiben oder die Haut nach einem Bad, nimmt man 100 g Mandelöl, mischt 50 Tropfen ästherisches Majoranöl dazu, schüttelt das und fertig.

Markusine Gutjahr empfahl auch, sich eine Kräuterpyramide für den Balkon zu bauen ("es ist auch ein gutes Gesschenk"). Sie nimmt dafür 3 Tonblumentöpfe. Den größten stellt sie - alle sind mit Erde gefüllt - unten hin, den nächstgroßen mittig auf ihn drauf und den dritten, kleinen, ganz oben hin. Die frei bleibenden Erdringe bepflanzt sie.

Ein "Muss" im Garten ist ein Holunderbusch, sagte sie weiter. Denn in ihm wohnt Frau Holle. Alte Holunder sind so heilig, dass jemand stirbt, wird er abgesägt oder ausgehackt.

Seine Blüten - gut als Tee bei Erkältungen - müssen beim Trocknen goldgelb werden. Das erreicht man so: Bei Sonne ernten; länger liegen lassen, damit die schwarzen Käfer wegkrabbeln können; die grünen Stängel wegzwicken; die Dolden auf ein Geschirrtuch legen, das über eine Schublade gespannt ist (= für eine Belüftung auch von unten).

Die schwarzen Beeren des Blutholunder ergeben erhitzt mit Äpfeln einen guten Saft. "Mit dem Plattenkocher im Garten herstellen."

Weiter empfahl M. Gutjahr äußerst die Süßdolde, auch Aniskerbel genannt. In Korn angesetzt, ergibt sie einen guten Likör (hilft bei Asthmabronchitis). Ihre Blätter bereichern jeden Salat (mit Äpfeln) oder Brotaufstrich. Die aromatische Wurzel dient einem Hustensirup oder -tee.

Die Wiesenarnika braucht moorigen Boden, deshalb sollte man etwas Torf ins Pflanzloch geben. In Alkohol angesetzt, ist sie gut für Prellungen und Stauchungen (mit Umschlag).

Wer den Tee der so gut duftenden Zitronenmelisse trinkt, schläft gut ein. Dafür nimmt man 3 TL auf 1 Tasse heißes Wasser, lässt 10 Min ziehen und trinkt es 1/2 Stunde vor dem Schlafen. Auch bei Lippenbläschen hilft diese Melisse.

Der Lavendel, in Kissen genäht, wirkt nachts, auf die Brust gelegt, oder tags, wenn man dran riecht. Um den frischen Duft lange zu halten, packt man das Kissen in einen Plastikbeutel, wenn man es nicht braucht. Auch Thymian kann man in Kissen geben, oder die Zitronenverbene. Diese hat M. Gutjahr beim Autofahren auf dem Beifahrersitz liegen. Wird sie müde, riecht sie dran und weiter gehts.

Ein Duftwunder ist auch der Hopfen, eingenäht.

Das Johanniskraut ist ein Sonnenspeicher, darf aber nicht zu viel genommen werden. Dann schadet er. Denn: Das rechte Maß ist das Geheimnis aller Dinge, wie die Chinesen sagen. Gepflückt wird das Kraut in der Mittagshitze. Man reibt dann die Blüten zwischen den Fingern, ob man beim richtigen Kraut ist - denn dann muss die Haut rot werden. Der Tee daraus (Blüten und Blätter) ist für alles gut. Man kann auch Blüten, die sich gerade aus der Knospe falten wollen, quetschen und 4 Wochen in Öl und Sonne legen. Täglich schütteln. Das dann durch ein Tuch seihen. Kühl lagern.

Hatten die Menschen früher leichte Brandwunden, gaben sie mit Watte/elastischer Binde etwas Arnika oder Johanniskraut darauf. Gut hilft es auch bei Hexenschuss (+ Wärmflasche), für die Gelenke und Nerven. Auch bei der Gürtelrose und bei Phantomschmerzen hilft`s.

Die Fichtennadeltinktur lindert Schmerzen, weil sie durchblutet.

Top ist eine Mischung aus Kamille und Schafgarbe, wie sie der Apotheker von Werningerode herstellt. Kann man auch selbst machen. Hilft bei Furunkeln und Entzündungen, wenn man ein paar Tage lang einwickelt. "Die Thüringer haben ein großes Naturheilkundewissen."

Wunderbar und sanft riecht die Quitte-Rosensalbe: Man nimmt die Schale von 2 Quitten und trockene Rosenblätter. Weicht sie in 200 gr Öl ein. Fügt Bienenwachsplättchen dazu, erwärmt und mischt. Gut für die Haut.

Die Quitte ist generell eine gute Darmpflege.

M. Gutjahr stellt auch Gelee her (die Quittenstücke 10 min im Dampftopf kochen), indem sie das dann durchsiebt: Unten tropft Gelee, oben der Rest kommt in die Flotte Lotte und ist dann Marmelade.

Sehr empfahl sie auch die Nachtkerze, eine Schuttplatzpflanze - gegen Neurodermitis. Und warb für den Lavendelblattsirup, weiter für die Vogelmiere und die Ringelblume.

Hierfür ein Rezept: 250 gr Butter mischen mit 3 EL gehackte Ringelblumenblütenblätter, 1/2 gehackte Zwiebel, Zitronensaft, etwas Cayennepfeffer und Salz (sowie evtl Knoblauch). Die Butter cremig rühren, alles dazugeben. Eine Klarsichtfolie mit Blütenblättern bestreuen, die gerollte Butter drüber walzen und einschlagen, kühl stellen. Servieren mit einer vollen Blüte in der Mitte.

M. Gutjahr gab uns noch viele Rezepte in Kopie mit, etwa für Schwarzrettich mit Honig: Den Rettich aushöhlen, mit Honig füllen und ein paar Stunden warm stehen lassen. Dann bei Husten oder Erkältung den Honig löffelweise essen. Auch die Hülle ist essbar.

All das findet sich auch in ihrem Buch "Die bäuerliche Naturapotheke", 14.95 E. bei www.gutjahr.com.





Kontakt: Th. Knauber - E-Mail