Becherpflanze kontra Mais

Zu diesem Thema lud der Bund Naturschutz ein. Denn die Mais-Düngung belastet den Boden und das Trinkwasser. Die Alternative aus den USA, die Becherpflanze, kommt hingegen über viele Jahre ohne Düngung aus. Dieter Hoch aus Pottenstein sprach einführend über die Ökomodellregion, die auf die Becherpflanze setzt. Danach stellte Professor Dr. Pedro Gerstberger (bis vor zwei Jahren lehrte er an der Univerität Bayreuth) die Vorteile der Becherpflanze (Silphie) im Vergleich zum Mais dar. Den Abschluss machte Geoökologe Reinhard Wesinger vom Geoteam aus Bayreuth.

Dieter Hoch, Ex-Stadtrat und Ex-Lehrer, erinnerte daran, wie in ihm "Zorneswut und Kampfgeist hochgewallt waren", als er 2018 in den NN las, dass es überall in Bayern "Ökomodellregionen" gab, nur hier nicht. In einem Kraftakt von Überzeugungsarbeit gelang es ihm, das Wirtschaftsband (18 Gemeinden) und die ILE aus Ebermannstadt (elf Gemeinden) hinter den Antrag auf eine Ökomodellregion zu scharen, ergänzt durch die Regionalwert-AG und die Universität Bayreuth. "Ich hab viel Wühlarbeit geleistet", sagte er, "um die Landschaft für unsere Nachkommen intakt zu halten: Wir sind diesbezüglich schon über den Schlag Zwölf hinaus." Das Hauptproblem sei aber noch die fehlende Vernetzung "all der guten Ansätze". Einer dieser Ansätze ist: Mehr Biohöfe mit mehr Becherpflanzen erreichen, weil diese den Humus neu bilden. Wohingegen der Mais - "hier haben wir seit zehn Jahren eine Vermüllung des Bodens" - immer eine Erosion auslöst.

Dr. Pedro Gerstberger ist ein Pionier der Erforschung der Becherpflanze. "Ich hab mir in den Ministerien den Mund fusselig geredet", sagte der Pflanzenökologe, um sie populärer zu machen. Am Ende errreichte er tatsächlich ein 100-Hektor-Projekt in Oberfranken. Gerstberger unterstrich: Mais ist ein Humuszehrer. Selbst wenn Biogas-Betreiber ihre Gärreste als Humusersatz auf die Feldern verstreuen, geht der Schuss nach hinten los. Denn zu viel Gärrest bedeutet einen Anstieg von Stickstoff und Phosphat. Nur die Zwischenfruchtfolgen fangen das auf. Aber es gibt zu viele Bauern, "die immer nur auf Mais, Mais, Mais setzen". Dies bringt auch den Schädling "Maiswurzelbohrer" so in Schwung, dass man wegen ihm jährlich weltweit 10 Milliarden Euro Schaden hat.

Der die Wärme liebende Mais sorgt zwar für "absoluten Hochertrag", so Gerstberger, aber er nimmt wenig an Nährstoffen auf und gibt extrem wenig zurück. Der Boden wird zudem durch die Traktoren verdichtet, ohne dass ihn Regenwümer wieder lockern; Dünger und Schädlingspestizide liegen oben auf und werden vom Regen weggeschwemmt. Ein weiterer großer Nachteil sind die Wildschweine im Maisfeld. Sah man sie vor 180 Jahren nur vereinzelt, schoss man 1985 in Bayern schon 9900 und vor zwei Jahren 95 000. Denn die großen Kulturen stärken sie.

Gerstberger stellte die Vorteile der Luft reinigenden Becherpflanze dagegen: Sie treibt nach einer einzigen Düngung für 15 Jahre düngefrei weiter. Ihr Wurzelsterben bringt laufend guten Humus (8 Tonnen/Hektar). Sie hält bis zu minus 28 Grad aus. Sie bringt dem Biogas-Betreiber beim richtigen Erntezeitpunkt mehr Methan als der Mais. Ihre Blätter liegen auf dem Boden auf und verhindern so bei Starkregen eine Erosion. Kein Unkraut kommt hoch. Die Regenwürmer vermehren sich rapide. Ihre senkrechten Röhren leiten den Regen tief ein, was sogar das Pflügen erübrigt. Zudem hat die Becherpflanze kelchartige Blattansätze, die für die Vögel und Insekten wie kleine Wassertöpfe sind. Die gelben Blüten geben zudem den Libellen, Hornissen und Inskten noch im Herbst Nahrung, so dass Bienenvölker ohne Imkerhilfe über den Winter kommen. Der Samen wird von Finken und Mäusen verzehrt.

Gerstberger stellte auch schon aus der Becherpflanze kleine Cobs her, als Futter für die Zootiere am Röhrensee. Sie waren hochzufrieden damit.

Zwar muss ein Bauer zu Beginn 20 000 Pflanzen je Hektar kaufen (4000 Euro), aber die Juragruppe übernimmt in Wasserschutzgebieten die Hälfte und das Bezirkslehrgut leiht kostenlos die Pflanzmaschine. Möglich ist es zudem, im ersten Jahr gleichzeitig Silomais zu setzen, womit kein Ernteausfall entsteht.

Gerstberger kalkulierte, dass beides - Mais- und Becherpflanzenanbau - gleich teuer kommt, wobei aber die Becherpflanze weniger Arbeit macht, keine Schädlinge hat und von der Juragruppe mit einer Nitratprämie belohnt wird. Auch ist die Becherpflanze fürs "Greening" gut, das ja bezuschusst wird, und sie passt ideal ins Kulap-Förderschema. Die Thüringer Landesanstalt errechnete, dass die Becherpflanze über 15 Jahre hinweg mehr Profit bringt als der Silomais. Gerstbergers letztes Wort: Die Becherpflanze schafft man auch problemlos wieder weg vom Feld. Sie treibt nicht über Jahre neu.

Reinhard Wesinger sprach anschließend. Sein Geoteam ist im Wasserschutz tätig, als Partner der Juragruppe und der Landwirte. Er erinnerte an die Sensation des Jahres 2016, als sowohl das Agrar- als auch das Umweltministerium das 100-Hektar-Projekt starteten. Bis 2022 soll es laufen. Die Regierung von Oberfranken machte dafür in einem Kraftakt alles innerhalb von Monaten fertig. Man bat vor allem die "Biogasler", mitzumachen. Aber am Ende waren mehr Bewerber da als gedacht. Ausgewählt wurden dann jene, die in einem Wasserschutzgebiet ackern oder von Erosion bedrohte Felder haben. Von Mund zu Mund verbreitete sich der Erfolg. 2018 waren deshalb noch mehr Flächen gemeldet - weil sich der Boden lockert, weil neuer Humus entsteht - und weil die Becherpflanze eine gute Rentenanlage ist. Denn wer sich mit wenig Arbeit zurückziehen will, pflanzt sie und verkauft die Ernte über die nächsten 15 Jahre.

Der Ertrag liegt bei 6,6 Tonnen je Hektar, sagte Wesinger. Beim Mais sind es zwischen 8 und 11 Tonnen, je nach Witterung. Aber dafür hinterlässt die Becherpflanze nur ein Fünftel des Restnitrats von Mais im Boden. Auch hat sie eine gute Energiebilanz, weil für sie kein Stickstoffdünger hergestellt werden muss und keine Pestizide. Von Nachteil ist nur, dass die Becherpflanze viel Wasser braucht (feuchte Wiesen), und schlecht assimiliert. Sie ist bisher, so Wesinger, eine Pflanze für Nischen: "Das ist ihre Chance." Dass sie den Futtermais komplett verdrängt, wird erst dann passieren, wenn sie genauso hochgezüchtet ist wie er. "Bei der Becherpflanze ist alles neu. Wir müssen da noch Erfahrung sammeln. Es ist wie bei einer Lawine: Sie bewegt sich am Anfang langsam."





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