Handeln hilft: Pack’s an!

Der nächste Redner beim Klimaschutz-Symposion war Dr. Michael Kopatz aus Osnabrück, wissenschaftlicher Projektleiter beim berühmten „Wuppertal Institut“, das in Sachen Klima, Umwelt und Energie forscht. Er trat in perfektem Anzug auf und mit super sitzender Krawatte, wie ein adeliger Engländer – und hatte auch den entsprechenden Humor.

Eingeladen war er, weil sein Buch Ökoroutine – damit wir tun, was wir für richtig halten so ein Erfolg ist. Kopatz sagte: Wenn wir das Klimaziel von Paris erreichen wollen, müssen wir unsere Gewohnheiten ändern. Und: Neue Strukturen ändern diese Gewohnheiten am schnellsten.

Folgendes ist zu tun: Die Werbung verändern, denn mit 30 Millionen Euro wirbt sie jedes Jahr für Unnützes.

Den Staat anschauen: mit 57 Mrd Euro subventioniert er umweltschädliche Dinge. Er könnte aber z. B. die Entfernungspauschale streichen. Dieses gesparte Geld reicht, um jeden Deutschen das ganze Jahr über kostenlos mit der Bahn fahren zu lassen.

Jedes Jahr entstehen 250 000 neue Wohnungen, obwohl die Bevölkerung schrumpft. Diese Wohnungen müssen beheizt werden. Also weniger bauen.

Um eine einzige Person in einem Mercedes zu transportieren, täglich solo unterwegs, werden in diesem Auto 2,5 Tonnen Material verbaut. Besser ist Car-Sharing. Ein Student klebte einmal einem Porsche folgenden Spruch an die Scheibe: „Eine Penisverlängerung wäre klimafreundlicher als dieses Angeberauto“

gelebte Schizophrenie: Wir umhätscheln unsere Haustiere, essen aber Billigfleisch von anderen Tiere. Die dafür in der Massentierhaltung leiden müssen.

Wäschetrockner braucht man nicht. Die Wäscheleine am Balkon tut es auch.

Es gibt schon Bio-Siedlungen. Man muss nicht alles wie in Mallorca zubetonieren. „Wir müssen bloß wollen.“ „Wenn kein einzelner handelt, kommt es zur Massenkatastrophe.“

Wer hätte gedacht, dass das Rauchverbot heute allgemein anerkannt ist, sogar auf dem Oktoberfest. Wer hätte gedacht, dass alle Häuser einmal eine Wärmedämmung haben. „Umstellen geht.“ Die Ökowelle wird in 20 Jahren zu 100 % durchschlagen, so Kopatz.

Legehühner haben heute doppelt so viel Auslauf wie im Jahr 2003. Würde man die Schweinehaltung entsprechend verbessern, entstünden allein in Frankreich 70 000 neue Arbeitsplätze. „Sogar Aldi will EU-weit Tierschutzgesetze.“ 80 von 100 Managern wollen mehr positive Regelungen, um einen Grund zu haben, ökologisch zu handeln.

Den Flugzeugverkehr sollte man auf dem Jetztstand einfrieren. Ebenso den Straßenbau. Aber der Lkw-Verkehr stieg in den letzten 5 Jahren um 30 % an und wird es in den nächsten 5 Jahren noch einmal tun.

Ab 2030 sollte das emissionsfreie Auto Pflicht sein. Oslo will es ab 2023. Kopenhagen räumt im Winter zuerst die Radwege. Berlin denkt an Tempo 18, weil sich schon mit Tempo 30 der Lärm halbiert.

Osnabrück, wo Michael Kopatz bei den Grünen im Stadtrat ist, hat im September einen Tag, wo man Parkplätze begrünt und Stühle drauf stellt und Blumen. Köln plant das Gleiche. In Osnabrück blieben nach einer solchen Aktion zwei Parkplätze für immer grün.

EU-weit könnte man das Standby bei Elektrogeräten ausschalten lassen. Damit könnte man sechs Kohlekraftwerke schließen.

Getränkekisten sollte man unbeschriftet in den Handel geben, so dass sie von jeder Brauerei genutzt werden können.

Es gibt ein „Aachener Modell“ zur Solarenergie, wo kleine Leute etwas probierten, was in ein Bundesgesetz mündete: Das ist ein Ansporn, im Kleinen zu beginnen.

„Reformer haben es leichter, wenn Druck von der Straße kommt. Es lohnt sich, sich einzusetzen.“ „Never give up!“ Zu diesen drei Worten zeigte Michael Kopatz eine lustige Karikatur: Ein Pelikan, der einen Frosch verschlucken will, hat den schon im Schnabel. Aber der Frosch reckt blitzartig seine Hände vor und schnappt sich den Pelikan am Hals und drückt zu.

In der anschließenden Diskussion, an der auch Manfred Miosga teilnahm, betonte Kopatz: Studien zu Verbesserungen verpuffen. Sie müssen deshalb oft publiziert werden. Und mit begeisternden Geschichten versehen: „Die Leute brauchen Geschichten.“

Miosga beklagte die Armada von Lobbyisten, die Neues stoppt. Und: Seine Ansätze, die Wissenschaftler zu mehr Außenarbeit zu bringen, scheiterten schon im Uni-internen Beirat. Es fehlt auch die Forschung zu Null- Wachstum oder Minus-Wachstum. Aber: „Nicht warten, das etwas von oben kommt, da können Sie lange warten. Dafür müssen wir auf die Straße gehen.“

Kopatz ermutigte jeden, etwas zu tun, so dass er seinem Enkel sagen kann: „Ich habe was angepackt.“

Aachener Modell: Die Einspeisung erneuerbaren Stroms ins öffentliche Netz wird vergütet. Die Idee dazu kam von einem kleinen Solarverein im Jahr 1989. Sie wurde daraufhin in vielen Stromeinspeisegesetzen auf nationaler Ebene angewendet. Unter anderem fand sie im Jahr 2000 Eingang in das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) .





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