Klima
Fakten über unser Klima hier
Dr. Johannes Lüers saß am Anfang so unscheinbar da, wie ein stiller Rentner. Aber er entpuppte sich als ein phänomenaler Fachmann, als ein Kämpfer fürs Klima wie einst die 68er, als ein Mann mit klarem, weiten Wissen. Er sprach so lebendig, dass es niemandem zu viel wurde. Lange wurde danach diskutiert. Und dann sagte er zu mir: "Ich hab ja gar nicht gesagt, wie schlimm es wirklich um die Erde steht. Ich kann die Leute ja nicht demotivieren."
In Düren geboren und in Trier studierend, kam Dr. Lüers 2002 nach Bayreuth,wo er habilitierte. Hier betreute er Versuchsanlagen für die Klimadiagnose - und ein Fazit daraus ist: Wir könnten in Pegnitz schon Wein anbauen. Die Wärme dafür haben wir (plus 4 Grad über dem eigentlich normalen Mittel). Es ist nur noch keiner drauf gekommen.
Der Klimawandel (KW), den wir gerade erleben, ist die größte Veränderung seit 4,5 Mrd Jahren, gravierender als der Meteoriteneinschlag vor 65 Mill Jahren oder der Ausbruch von 10 000 Vulkanen. "Und diese Veränderung ist vom Menschen verursacht." Er holzte z. B. den Hambacher Forst, einst der größte Wald Europas, auf 1 % ab. Und er stellt erstmals in der Geschichte selbst Schadstoffe her. "Das ist eine Kette, und sie geschieht nicht aus Versehen. Täglich geht sie bewusst weiter. Ich könnte bis Weihnachten Tausende Bilder unserer Erdzerstörung zeigen, und ich bin dann noch nicht fertig."
War ein Taifun bisher nur kurze Zeit an einem Fleck, so Lüers, wird er künftig eine Woche stehen bleiben. "Damit können Sie rechnen." Wir bekommen doppelt so viele Wirbelstürme wie vor 50 Jahren. "Die Energie dafür ist da."
Die Erde besteht zu 70 % aus Wasser und zu 30 % aus Land. Sie hat eine Durchschnittstemperatur von 14 Grad, wenn die eingestrahlte Sonnenenergie der ins kalte All zurückgestrahlten Energie entspricht. Aber diese Balance ist weg, weil durch den CO²-Ausstoß des Menschen 2 Watt pro Sekunde an Energie im Meer bleiben. Das Meer heizt sich langsam auf, was zu Umwälzungen in die Tiefe führt. Aber ist es wärmegesättigt, stoppen die Strudel. Die Meererhitzung bleibt und stört. 0,8 Grad zusätzlich sind es gerade, nach 100 Jahren. An Land sind es 1,5 Grad zusätzlich. In Deutschland schon 2 Grad und in Pegnitz 4 Grad mehr.
Wenn wir weiter fossile Stoffe (Kohle, Öl, Erdgas) verheizen, wird es schlimmer. Aber der Mensch macht munter weiter, weil zwischen der Ursache und der Auswirkung so viele Jahre liegen. Würde er sofort hitzekrank, würde er sofort handeln. So aber sind es 30 bis 50 Jahre - die nur die Fridays-Kinder schocken, weil es ihre Zukunft ist. Wir als Erwachsene sind dickfellig. Lüers: "Wir kriegen das Verursachen nicht mit, wegen der fehlenden Sofortfolgen. Das ist ein ganz großes psychologisches Problem, ein genetischer Defekt."
Es gibt zwei Wege der Reaktion: 1. Sich anpassen, weil der Wandel unausweichlich ist (die Schadstoffe werden bei Wärme noch schädlicher). D. h. Parks in die Städte setzen, Bäume und Seen. 2. Das Verbrennen der fossilen Stoffe einstellen.
Auch in Oberfranken sind die Folgen noch nicht sichtbar. "Wir stehen noch am Anfang." Aber wir haben schon massive Starkregen im Juli, die diesen Monat zum regenreichsten machen - obwohl er sonst trocken ist. Diese Regenmasse dringt aber nicht in den Boden, sondern fließt weg. Die Pflanzen leiden und das Grundwasser fehlt.
Bayreuth hatte bis 1990 ein Jahresmittel von 7,3 Grad, was jetzt schon um 4,2 Grad erhöht ist (bis dahin waren es in 100 Jahren nur 3,8). Das Jahr 2018 war ein globales Rekordjahr, und heuer passiert das noch einmal. "Wir haben 4 Grad mehr als vor 50 Jahren!" Und: "Deutschland ist der Punkt der Erde, wo das extrem deutlich ist. Wir sind im oberen Mittelfeld."
Die Folge: Die Puffer (Ozeane) laufen zu, werden überwarm, "und das Signal wird sichtbarer". Genau in Oberfranken sind die Folgen "sehr beeindruckend". Z. B. sinkt die Regenmenge im April rapide und steigt genauso rapide im September. "Die Verteilung des Regens über das Jahr hinweg wird sich ändern", so Lüers. "Viel Regen im Frühjahr, und danach nichts mehr. In Europa kommt die Monsunisierung, d. h. zwei oder drei Regensaisons. Die Alpen bekommen ein anderes Wetter als wir hier, nämlich Regen im Sommer und im Winter nichts." Bei uns kommt der Regen im Sommer und im Herbst. Die Bauern und Förster können nicht mehr planen. Pflanzen gehen ein. "Der Mensch muss die Kulturlandschaft anpassen."
Lüers zeigte Zahlen zum Jahr 2018. Bei den Temperaturen war der April der Wärmste seit 170 Jahren, der Mai der 3.wärmste, der August der 2.wärmste. Beim Regen gab es den 10.trockensten Februar, den 4.trockensten August und 12.trockensten November. "Da machen die Pflanzen zu." Jetzt der Schneeefall in Frankreich ( 2 m hoch) hätte auch bei uns die Stromtrassen knicken können.
Früher dauerte es 10 000 Jahre, um 4 oder 5 Grad mehr Wärme zu erzeugen. Heute geschieht das in 100 Jahren - seit die Industrie für 45 % mehr CO² sorgt, seit sie das Methan um 155 % erhöht. (Methan ist 35fach schädlicher als CO²). "Das ist beispiellos in den 650 000 letzten Jahren."
Methan entsteht nicht nur beim Pfurzen von Rind und Mensch, sondern auch, wenn Permafrostböden auftauen (wo es gespeichert ist) oder Mikroorganismen im arktischen Eis aufwachen, die 20 000 Jahre schliefen. Bei einer minimalen Temperaturerhöhung starten sie durch, fressen und produzieren Methan. "Sie sind träge. Was wir da bisher erlebten, ist erst der Anfang."
Wissenschaftler sahen das schon vor 100 Jahren voraus. Aber ihre Warnungen verhallten. Wir steuern auf den Zustand der Venus zu, die dank zu viel CO² schon bei 500 Grad Hitze liegt. "Wir haben eine Warmzeit, in der die Pflanzen eigentlich CO² aufnehmen, aber sie tun das Gegenteil."
Im Jahr 2017, so Lüers, waren schon 2300 Gigatonnen CO² "in die Luft gepustet" und man erkannte: 1000 Gigatonnen gehen noch, soll es bei einer Erderwärmung von 2 Grad bleiben. Nach 26 Jahren wären diese 2 Grad erreicht. Will man bei 1,5 Grad stoppen, haben wir nur noch 8 Jahre Zeit. Denn in jeder Sekunde gehen 1332 Tonnen CO² raus. "Unsere Kinder gehen deshalb zu Recht auf die Straße."
Aber was macht das Klimapaket? Es setzt Fristen bis 2050 und 2080 - und kegelt die Wind- und Sonnenenergie auf Null, auf die man absolut setzen müsste, will man den Klimawandel stoppen. Deutschland heizt also weiter Kohle, Öl und Gas (Erdgas besteht zu 90 % aus Methan) - "und wir schauen in die Röhre". Lüers: "Nur wenn alle zusammenarbeiten, geht es. Wenn wir auf saubere Energie setzen. Davon gibt es genug. Wir müssen sie nur nutzen. Dann haben wir das ewige Leben auf der Erde. Wir müssen dafür nichts neu erfinden, sondern nur das Vorhandene gut lenken. Es gibt schon Gezeitenkraftwerke, Flussturbinen, Deltaturbinen. Das ist alles in der Schublade, ausgereift, und über 40 Jahre wartungsfrei."
Aber Pegnitz steuert auf 50 Grad im Schatten zu, "weil die Erde so aufgepumpt ist". Die 40-Grad-Grenze purzelt jetzt schon, auch in Pegnitz, "und in zehn Jahren fallen die 50-Grad-Grenzen in Mitteleuropa, das ist sicher. Wir bekommen nachts 30 Grad, und das über zwei Wochen. Unser Körper kann nicht mehr schwitzen, es wird lebensgefährlich. Haben wir ein paar Tage lang 42 Grad, brauchen wir einen Kühlraum. Kühe, die sich bei 4 Grad an wohlsten fühlen, sehen Sie dann kilometerweit tot liegen."
Lüers warnte auch vor schmelzenden uralten Eisblocks, die tiefer in den Ozeanen schwimmen oder unter Schlamm verborgen liegen, etwa im Golf von Mexiko. Ein zehntel Grad Erwärmung genügt, das aufzutauen und Methan freizusetzen. Die UNO versteigerte schon Meeresboden, weil dieses Methan abgebaut werden kann. Auch Deutschland hat seinen Claim bekommen.
Lüers am Ende: Unsere Waldfläche reicht nicht, um CO² zu schlucken. Auch ein Ozean voller Wald wäre zu klein. Es gibt nur die Algen in den Meeren, die das schaffen. Wenn sie ihre Kalkschalen bauen, nehmen sie CO² auf (unsere FS-Felsen bestehen aus solchen Schalen, also massiv aus CO²). Aber die Algen arbeiten nur bei kaltem Wasser. Korallenstöcke sterben in warmem Wasser. Ein warmer Ozean ist sauer, was die Kalkbildung verhindert.
Dr. Lüers Schlusswort: "Leute, es gibt nur eine Lösung: Einstellen des Verbrennens von fossilen Stoffen. Wir müssen nichts verbrennen, weil schon alles andere da ist. Wir müssen den CO²-Ausstoß auch nicht um 100 % senken, das puffert unsere Erde weg. Ein wenig CO² hilft den Pflanzen sogar. Wir müssen alles auf ein normales Maß zurückfahren. Die Dosis macht´s."
Er verwies auf die Arte-Reihe "Mit offenen Karten" (samstags je 15 Minuten zu sehen), wo Wissenschaftler zeigten, dass die Erde 20 Mrd Menschen ernähren kann, wenn man alles gut verteilt und die richtigen Pflanzen verwendet. Ohne Dünger. Denn die Düngerherstellung ist die größte Energieverschwendung