Werfen Sie Samenbomben!

Die Engländerin Josie Jeffery schrieb das Buch „Wie Samenbomben die Welt verändern“ (Ulmer Verlag).

Samenbomben sind kleine Kugeln aus Erde und Ton und Samen, von Hand gedreht, die man auf Brachflächen oder unzugängliche hässliche Grundstücke werfen kann, um dort Blumen wachsen zu lassen.

Josie Jeffery wuchs als Tochter von Straßenmusikanten auf, die mit ihren fünf Kindern in Europa von Festival zu Festival zogen oder bei einem Zirkus blieben. Aber in Suffolk/England gab es eine Farm, um sich immer wieder zu erholen. Dort lernte Josie Jeffery die Initiative „Green Deserts“ kennen, die Wüsten mit Pflanzen beleben wollte.

1991 siedelte ihre Familie fest in Wales. Josie Jeffery studierte jetzt Kunst, zog 2003 nach Brighton und studierte noch einmal, diesmal Gartengestaltung. Im Radio hörte sie dann von Samenbomben und baute sie sofort in Workshops ein, die sie im Londoner „Museum für Gartengestaltung“ gab. Später gründete sie das Label „seedfreedom.net“.

Die Ursprünge der Samenbomben liegen in Japan, wo es so etwas seit Urzeiten gab, tsuchi dango genannt, Erdkloß. 1938 wurde dieses Verfahren durch Masanobu Fukuoka (1913 – 2008) bekannt, einen Mikrobiologen, Landwirt und Philosoph. Er schrieb „Rückkehr zur Natur – die Philosophie des natürlichen Anbaus“. Ihm ging es um Nachhaltigkeit, um ein Ackern ohne Umweltverschmutzung. Er sammelte Samen, um die Wüsten zu begrünen und seine Nachahmer belebten viel Brachland von Indien bis Südamerika.

1998 stiftete das griechische Ministerium der Bevölkerung von Arnissa einige Tonnen von Samen, um mit Samenbomben 10 000 Hektar zu begrünen.

Ein Jahr vorher hatte der israelische Flugzeugingenieur Moshe Alamaro die Idee, Kegel zu bauen, oben offen und mit Samen gefüllt, und sie über vom Krieg zerstörte Gebiete abzuwerfen. Die Kegelspitze steckte dann fest in der Erde.

Bekannt ist auch, dass ein Lokführer unterwegs die Samen von Fingerhüten aus dem Fenster warf, um den Bahndamm zu verschönern.

Möglich ist es auch, Samen und Erde mit einem kleinen Trichter in Latex-Luftballons zu füllen und steigen zu lassen. Auch Papiertüten eignen sich als Behälter und Wurfobjekt.

Das Ganze nennt man „Guerilla-Gardening“ (Guerilla = kleine Armee). Diese Bewegung entstand 1649 in England, als ein Gerrald Wistanley die Gruppe „True Leveller“ (Einebner) gründete. Sie besetzte Land und verteilte das angebaute Gemüse. Es waren Agrarkommunisten mit radikaler protestantischer Haltung, die den Mensch und die Umwelt verbinden wollten. Aber zwei Jahre später wurde die Bewegung von Oliver Cromwell zerschlagen.

1973 erwachte sie wieder, als die Künstlerin Liz Christie in New York ein Stück Brachland vom Müll reinigte und als Nachbarschaftsgartren anbot („Green Guerilla“). Ein Jahr später konnte die Gruppe das Gelände pachten, 2002 wurde es zum „Bowery Houston Community Farm and Garden“.

Die Amerikaner feiern sowieso immer am 11. März einen Pionier des „freien Gärtnerns“, nämlich John Chapman (1774 – 1845), der immer Apfelkerne pflanzte, wenn er unterwegs war. 15 000 Obstbäume in Ohio, Illinois und Indiana führt man auf „John Appleseed“ zurück.

2007 kam es in Österreich zu Aktionen (Wuchermensch, Rollrasenaktion), nachzulesen in „guerillagaerten.com“.

2008 folgte in Glasgow eine Initiative, um Gehsteige mit Blumen zu verschönern und Bienen Nahrung zu geben (glasgowguerillagardening.org.uk).

2009 trat in Colchester/England der „Strauchmann“ auf, gekleidet in Blätter und Moos, und pflanzte Blumen, um gegen den Plan der Stadt zu protestieren, jedes fünfte öffentliche Beet aufzulösen. Danach wurde dieser Plan gestrichen.

In Deutschland sind in München und Berlin „Gartenpiraten“ aktiv.

Um eine Samenbombe zu machen, mischt man 5 Teile Erde mit 4 Teilen Tonpulver, fügt einen Teil Samen dazu und etwas Chilipulver gegen Schädlinge, eventuell auch etwas Flüssigdünger.

Josie Jeffery nennt am Ende ihres Buches Pflanzensamen , die man in die Kugel geben kann:

Um etwas für Bienen zu tun, sind es der rote Fingerhut, Rotklee, Oregano, Kornblume, Heil-Ziest und Flockenblume.

Für Schmetterlinge sind es roter Fingerhut, rote Lichtnelke, Margerite, Flockenblume, Wiesen Witwenblume und Kornrade. Für Vögel sind es Wiesen-Sauerampfer, Wiesen Witwenblume, Flockenblume, Herbst-Löwenzahn und wilde Karde.

Kamille wirft man z. B. am Besten im April/Mai und August/September, Mohn im März/April und September/Oktober, Kornrade im Mai und September, Lichtnelke immer, Heil-Ziest von März bis September und Oktober bis Februar, Kornblume von März bis Mai und im Herbst, Schlüsselblume im Juli, Ringelblume im März/April und den roten Fingerhut von Juni bis August.





Kontakt: Th. Knauber - E-Mail