Leserbrief: Bäume weg - Wohnkisten her

Als die Milchhof-Baugrube ausgebaggert war, lobte ich den Bauleiter, weil er außen so viele Büsche hatte stehen lassen. Aber es ging nicht um Naturerhalt, sondern weil es praktisch war, sagte er: Die Wurzeln verhinderten, dass die Grubenwände abrutschten.

Jetzt stand der Komplex, immer noch mit dem Grün außen herum - da dachte ich, die Bewohner werden sich freuen, schon beim Einzug leuchtendes Grün vor dem Fenster zu haben. Dann war dieses Grün weg. Wie rücksichtslos gehen wir Menschen mit Pflanzen und Bäumen um?

Zweimal beantragten wir vom Bund Naturschutz eine Baumschutzverordnung. Beide Male wurde sie abgelehnt. Den dritten Versuch zogen wir zurück, weil ein älterer Herr anrief: Sobald sie genehmigt ist, fällt er in seinem Garten alle mächtigen alten Bäume. Denn er wuchs in der DDR auf, von Regeln eingeengt, und wenn ihm das hier auch passiert, dann greift er zur Säge.

Jetzt stehen die 80 Jahre alten Bäume des Biergartens vom Lohe-Gasthaus an. Ich konnte Stefan Zimmermann von der SIG-Bau in Hersbruck nicht erreichen, weil er in Urlaub ist. Wie viel muss da gefällt werden? Nur ein Baum? - Als Nächstes kommt der Biergarten des "Stern". Wer schützt ihn?

Als die beiden Einkaufszentren gebaut wurden, sagte ein alter Pegnitzer verbittert zum Bürgermeister: "Sie machen unser schönes altes Pegnitz kaputt." Manfred Thümmler ging es damals um Arbeitsplätze; und die Fabrik von Teppich-Poser war vorher auch nicht schön gewesen. Aber man hätte architektonisch schöner bauen können. Ich sagte das dem Architekten des WIV-Zentrums bei der Einweihung: "Sie haben Kisten gebaut, und wir haben hier einen fränkischen Stil. Warum lehnen Sie sich da nicht an?"

Wir bekommen immer mehr Kisten: Weiß, schwarze Fensterrahmen, fertig. So etwas steht auch in Hannover und Hamburg. Und es prägt die Menschen drum herum. Diese sachliche Kommerz-Architektur weckt keine Freude, sondern ein Gefühl von Leere. Zum Beispiel entspricht der Eingang des Seniorenheims auf dem PPP-Gelände dem einer Sparkasse. Und das Zugepflasterte außen herum erinnert an moderne Fabrikhöfe in Nürnberg.

Warum gehen wir als Touristen so gern in die Altstadt von Bamberg oder Paris? Warum gibt es keine Busreisen zu den Mietskasernen von Erlangen oder zum schockierenden McDonald&Co-Industriegürtel um Haßfurt? Weil man früher mit Phantasie baute, mit Handwerk. Nicht mit Software, die billige Pläne kopiert. Auch nicht mit Lineal und Beton wie zum Beispiel in Herrieden: Alles grau in der Innenstadt. Ähnlich unserem "Spring" am Alten Rathaus: Der Kies dort ähnelt einem Hinterhof in Chicago.

Wir sollten etwas schön bauen. Zum Beispiel mit seitlich gestuft ansteigenden Appartment-Blocks, die mit Spitzdächern spielen. Nicht ein einziges plattes, abweisendes Schiffsbug hinstellen, wie es jetzt an der oberen Ecke der Sauerbruchstraße entsteht.

Thomas Knauber





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